Schon Kleinigkeiten können einen handfesten Streit zwischen Handwerker und Kunde auslösen. Wenn keine Partei einlenken will, trifft man sich heute mehr denn je vor Gericht. Das muss aber nicht sein. Mediatoren helfen bei der Schlichtung und haben damit großen Erfolg. Wir haben mit Frank Hartung, bundesweit erfahrener Mediator, gesprochen, wieso sich eine Schlichtung so häufig für beide Streithähne auszahlt.
Wieso kommt es zum Streit zwischen Auftraggeber und Handwerker? Wer sind die größten Streithähne?
Streitigkeiten oder Konflikte entstehen immer dann, wenn die Erwartungen des Auftraggebers andere sind als der Auftraggeber sie abliefert. Das können in der Tat kleine bis gravierende Mängel sein, aber auch Missverständnisse. Letzteres ist immer dann der Fall, wenn die Kommunikation vor der Auftragsvergabe nicht tiefgründig genug war.
Dafür ein Beispiel: Der Auftraggeber fragt „Machen Sie das so und so“ und der Auftragnehmer sagt „Ja, natürlich“. In solchen Fällen stellt sich dann oft heraus, dass beide was ganz unterschiedliches meinten. Bei Mängeln ist die Sache klarer. Hier kommt es darauf an, wie die Beteiligten kommunizieren.
Heutzutage ist es leider meistens so, dass der Auftraggeber eine E-Mail schreibt, in welcher er auch seinen Unmut äußert. Bekommt der Auftragnehmer diese E-Mail in „den falschen Hals“, schaukelt sich die Sache hoch. Gerichte befassen sich sehr oft mit Streitigkeiten, die man im Rahmen eines klärenden Gesprächs hätte vermeiden können.
Die meisten Streitigkeiten am Bau gibt es nach meiner Erfahrung beim Hausbau und in der Sanierung. Und immer liegt es daran, dass im Vorfeld nicht eindeutig war, welche Leistungen eigentlich erbracht werden. Auch der Bauleiter kann einen Konflikt herbeiführen, wenn er nicht in der Lage ist, dem Auftraggeber eindeutig zu erklären, warum zum Beispiel nun vier Wochen auf der Baustelle nichts passiert, weil der Estrich trocknen muss.
Auch die Bemusterungstermine können zum Konflikt führen, wenn z.B. der Auftraggeber merkt, dass die Ausstattung nicht den Vorstellungen entspricht, die er hatte. So zum Beispiel bei der Frage „Hochwertige Sanitärausstattung“.
Was genau kann ich mir unter einer Mediation vorstellen und wie hilft sie weiter?
Es handelt sich bei der Mediation um ein erprobtes Verfahren, das den Streitparteien hilft, Lösungen zu finden. Als Mediator bin ich unparteiisch und sorge für eine faire Kommunikation, bei der die Streitparteien zu Gehör kommen. In den meisten Fällen wird den Streitenden erst im Rahmen des Gesprächs klar, worüber sie sich wirklich streiten oder warum der Streit so eskalierte. Der Vorteil der Mediation liegt grundsätzlich darin, dass die Streitenden während des Gesprächs selbst kreativ und konstruktiv werden, statt kämpferisch zu bleiben.
Man muss sich das vorstellen wie einen Knoten, der gelöst werden muss, um wieder eine Schleife binden zu können. Der Mediator hilft den Medianten, so heißen die Streitenden im Mediationsverfahren, den Knoten (hier im Sinne des Streits) zu lösen. Das funktioniert in erster Linie dadurch, dass ich beiden Medianten gleichermaßen die zu Gebote stehende Aufmerksamkeit schenke, so lange frage, bis ich das Gesagte verstanden habe und dabei helfe, dass die Streitenden Verständnis füreinander zu entwickeln.
Während der Mediation sammele ich die Informationen, fasse sie regelmäßig zusammen und gebe somit beiden Medianten die Möglichkeit, das Gesagte zu bestätigen, zu korrigieren oder zu wiederholen. So erkennen sie nämlich ohne mein Zutun, welche Bedürfnisse erfüllt sein müssen, um den Streit einvernehmlich beizulegen.
Zudem unterstütze ich die Medianten dabei, im Rahmen des Gesprächs herauszufinden, wie eine Lösung aussehen könnte, mit der beide einverstanden sind. Wenn die Medianten sich auf eine Lösungen einigten, besteht die Möglichkeit, darüber eine schriftliche verbindliche Vereinbarung zu verfassen, die dann von den Beteiligten unterschrieben wird. Oft kommt man auch mit einer mündlichen Verabredung aus, das entscheiden die Streitenden einvernehmlich.
Wichtig zu wissen ist, dass ein Mediator keine Lösungsergebnisse liefert. Ich bin also kein Richter, der eine Entscheidung zu Lasten einer der Streitparteien herbeiführt, sondern unterstütze die Medianten, Lösungen zu erarbeiten.
Wann lohnt es sich, Sie als Mediator zu beauftragen? Wann lehnen Sie Aufträge ab?
Wann gehen Sie zum Arzt? Wenn es Ihnen nicht gut geht, Sie Schmerzen haben oder bezüglich Ihres Allgemeinbefinden Hilfe von außen benötigen. So ist das auch bei der Mediation. Sie lohnt sich immer dann, wenn Sie einem Streit oder Konflikt stecken, den Sie ohne Hilfe nicht selbst lösen können.
Auch, wenn die Fronten bereits verhärtet sind, ist die Mediation ein geeignetes Mittel. Noch klarer wird es, wenn Sie ein Gerichtsverfahren anstreben. Gerade in diesem Fall ist es sinnvoll zunächst nach einer außergerichtlichen Streitlösung zu suchen.
Selbst um einem Streit vorzubeugen, kann eine Mediation sinnvoll sein. So habe ich vor einiger Zeit erst ein Ehepaar mediiert, dass durch die Mediation einen „Rosenkrieg“ verhindert hat. Das Paar hat im Rahmen der Mediation alles geregelt und lässt sich nun gemeinsam mit einem Anwalt vor Gericht vertreten. Die entsprechende Vereinbarung wurde im Vorfeld getroffen, vom Juristen geprüft und von beiden unterschrieben, sodass der Gerichtstermin wahrscheinlich eher eine Sache von ein paar Minuten wird.
Sinnvoll ist eine vorbeugende Mediation auch bei Unstimmigkeiten am Bau, wenn zum Beispiel klar wird, dass die Kommunikation zwischen den am Bau Beteiligten gehemmt ist. Das kann unterschiedliche Ursachen haben, die es zu ermitteln gilt. Nach einer Mediation versteht jede Partei, was man wechselseitig voneinander erwartet und kommt meistens ohne weitere Unterstützung klar.
Selbst wenn bereits ein Gerichtsverfahren anhängig ist, kann mit einem Mediationsverfahrens begonnen werden. Oft finden sich Lösungen, die eine Weiterführung des Gerichtsverfahrens entbehrlich machen.
Es ist mir selbst noch nicht passiert, aber wenn das Machtgefälle innerhalb der Streitenden zu groß ist, die Macht also schon allein entscheiden kann, würde ich wohl eher einen Rückzieher machen. Wahrscheinlich aber auch nicht, ohne es versucht zu haben.
Auch die Handwerkskammern bieten Schlichtungen an. Wie unterscheidet sich Ihre Dienstleistung von der der Handwerkskammern?
Handwerkskammern bieten Schlichtungen an, in den seltensten Fällen eine Mediation. In einer Schlichtung gibt es keinen Mediator, sondern einen Schiedsrichter, der die Positionen der Streitparteinen analysiert und einen Kompromissvorschlag unterbreitet. Die Handwerkskammern nutzen dies in der Regel bei der Bewertung von Handwerkerleistungen.
Als Mediator bin ich hingegen neutral. Ich bewerte keine Aussagen, sondern sorge für Verständigung. Im Gegensatz zur Schlichtung wird den Medianten keine Lösungen aufgedrängt, vielmehr unterstütze ich die Konfliktparteien dabei, selbst eine einvernehmlich Lösung zu erarbeiten. Meines Erachtens ist die Mediation in den meisten Fällen der geeignetere Weg, um Konflikte beizulegen.
Die Schlichtungsstelle Energie verzeichnete zuletzt sinkende Schlichtungszahlen. Wie sieht es bei Ihnen aus, wird zukünftig mehr oder weniger gestritten?
Bei der Schlichtungsstelle Energie geht es um Schlichtung, nicht um Mediation. In diesem Verfahren kommt der Lösungsvorschlag meines Wissens vom Schlichter. Wenn die Streitparteien dieser Empfehlung nicht folgen wollen, geht es dann doch vor dem Gericht weiter.
Ich glaube eigentlich nicht, dass mehr oder weniger gestritten wird als vor ein paar Jahren. Das Problem ist eher die Streitkultur. Ein Anwalt ist schnell gefunden, der Gang zum Gericht ist einfach. Man will den Gegner bestrafen, statt das Problem zu lösen. Ich glaube eher, dass die Mediation der zielführendere Weg ist, um Streitigkeiten beizulegen. Schließlich gibt es bei positivem Ausgang keinen Verlierer.
Beim Gericht ist es doch eher unwahrscheinlich, dass sich die Streitparteien so einigten, dass sie damit gut leben konnten. Entweder gibt es ein Urteil oder einen Vergleich. Ein Urteil bedeutet, dass eine Streitpartei den Prozess verloren hat. Ein gerichtlicher Vergleich wird in der Regel auch nicht beide Parteien zufriedenstellen. Schließlich werden Vergleiche bei Gericht in der Hauptsache gemacht, um Berufungen zu vermeiden.
Zur Person: Frank Hartung beschäftigt sich seit mehr als 20 Jahren mit der unabhängigen Bauberatung, Baubegleitung sowie der Streitvermittlung. Dank seiner Tätigkeiten in der Bauberatung und der damit einhergehenden Erfahrungswerte lag der Schritt zur Mediation nahe, die er seit einigen Jahren als Mediator am Bau sowie auch in den Bereichen Arbeit, Familie und Wirtschaft ausübt. Frank Hartung ist bundesweit tätig, regionale Schwerpunkte liegen aber in Sachsen-Anhalt, Berlin, Brandenburg und Niedersachsen. Unter www.streitvermittler-mediator.de finden Sie viele Informationen über die Mediation, Streitvermittlung und Konfliktlösung sowie alle Kontaktdaten von Frank Hartung.
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