Wie sind Sie auf die Idee des Crowdlending für Erneuerbare Energien gekommen?
El Mallouki: Nach dem erfolgreichen Start von LeihDeinerStadtGeld kamen vermehrt Projektträger auf uns zu, um die Möglichkeiten von Bürgerkrediten zur Projektfinanzierung auszuloten. Vielen Projektträgern, insbesondere auch Bürgerenergiegenossenschaften, ist es zu aufwendig die notwendigen Ressourcen vorzuhalten, die für eine solche breite Bürgerfinanzierung notwendig sind. Gleichzeitig haben wir auch wahrgenommen, dass viele Bürgerinnen und Bürger nach ökologischen Geldanlagen suchen. Über LeihDeinerUmweltGeld ermöglichen wir nun einfache, lukrative und vor allem transparente Beteiligungen an nachhaltigen Projekten.
Das Prinzip des Crowdlendings hört sich ja recht einfach an. Viele kleine Beträge sichern die Finanzierung eines großen Projekts.
Ist dies auch so einfach bei der Finanzierung Erneuerbarer Energieprojekte? Gibt es Besonderheiten, die man bedenken muss?
El Mallouki: Bei Beteiligungen, wie auf LeihDeinerUmweltGeld, investieren Anlegerinnen und Anleger in Unternehmen und nicht in Kommunen, wie bei LeihDeinerStadtGeld. Entsprechend ist für uns nicht nur eine Prüfung des einzelnen Projektes wichtig, sondern auch die Prüfung der Seriosität des Projektträgers. In diesem Zusammenhang setzten wir auf eine hohe Transparenz in der Projektdarstellung, ohne die Komplexität für die Anlegerinnen und Anleger unnötig zu erhöhen. So wollen wir die Menschen begeistern, ihr Geld selbstständig und guten Gewissens zu investieren.
Das EEG und die mit diesem verbundene Einspeisevergütung wird unter Umständen schneller auslaufen als bisher geplant.
Sehen Sie in dieser Entwicklung eine Gefahr für das Crowdlending?
El Mallouki: Die wirtschaftliche Attraktivität der Stromproduktion aus regenerativen Quellen und auch des Crowdlendings in diesem Bereich wird sich den zukünftigen Gegebenheiten in Deutschland anpassen. Darüber hinaus beginnen immer renommiertere Projektträger mit der Expansion ihrer Tätigkeiten ins europäische Ausland. Wieso sollten die Anlegerinnen und Anleger dem nicht folgen können? Schließlich ist es doch egal, ob die Tonne CO2 in Deutschland oder in Frankreich, Italien oder Rumänien eingespart werden. Zudem können Anlegerinnen und Anleger auf LeihDeinerUmweltGeld bald auch in nachhaltige Projekte investieren, die gänzlich unabhängig von einer Einspeisevergütung sind.
Die Energiewende in Deutschland steht und fällt mit der Akzeptanz in der Bevölkerung. Mitspracherechte und auch eine finanzielle Partizipation können helfen, diese Akzeptanz weiter zu fördern.
Kann Crowdlending helfen, diese Akzeptanz weiter zu steigern?
El Mallouki: Für mich eindeutig: ja! Wenn ich als Bürger (wirtschaftlich) eingebunden werde, stärkt das unmittelbar meine Eigenverantwortung. Dies eröffnet uns die Chance zu einem differenzierteren gesellschaftlichen Diskurs über die Energiewende.
Die Finanzbranche hat momentan nicht den besten Ruf. Und auch bei der Finanzierung Erneuerbarer Energien über geschlossene Fonds sind ein paar „schwarze Schafe“ negativ aufgefallen.
Wie unterscheidet sich das Crowdlending von den konventionellen Finanzierungsinstrumenten?
El Mallouki: Bei LeihDeinerUmweltGeld schaffen wir eine direkte Verknüpfung zwischen Projektträgern und den Anlegerinnen und Anlegern ohne Umwege über einen Fonds. Hierdurch herrscht von Beginn an eine hohe Transparenz in der Beziehung und befördert das gegenseitige Vertrauen. Der besondere Charme aus Anlegersicht besteht in der individuellen Zusammenstellung eigener Beteiligungen. Wenn man so will, schaffen Investoren ihre eigenen „Mikrofonds“ und können so entsprechende Risiken schon bei niedrigem Kapitaleinsatz diversifizieren. Projektträger erhalten nicht nur Zugriff auf eine wirtschaftliche Finanzierungsalternative. Sie werden durch LeihDeinerUmweltGeld auch in ihrer finanziellen Unabhängigkeit gestärkt, da sie ihre Gläubigerstruktur breiter aufstellen können.
Es bleibt spannend, ob wir in Deutschland die geplanten Energiewendeziele auch wirklich erreichen.
Wo sehen Sie das Crowdlending und die LeihDeinerStadtGeld GmbH in fünf Jahren?
El Mallouki: Ich bin überzeugt, dass mittelfristig Modelle der Kollektivfinanzierung eine breitere Anwendung und größeren Zuspruch erfahren. Mit LeihDeinerStadtGeld und LeihDeinerUmweltGeld haben wir die ersten Schritte getan, weitere sind aktuell in Planung bzw. Umsetzung. Langfristig wünsche ich mir, dass Teile der Gesellschaft ihren individuellen Finanzbedarf über Kollektivfinanzierungen abdecken und Banken ihr Geschäftsmodell den Ansprüchen der Gesellschaft dahingehen anpassen.
Vielen Dank für das Gespräch!
(Foto: LeihDeinerStadtGeld GmbH)