Energie- und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel gerät erneut ins Kreuzfeuer der Erneuerbaren-Energie-Branche, da seine geplante EEG-Reform nebst verpflichtender Direktvermarktung auch eine drastische Kürzung der Einspeisevergütung beinhaltet. Ebenfalls ein Dorn im Auge der Experten sind die geplanten, verbindlichen Ausbaukorridore für Photovoltaik, Windkraft- und Biomasse. Die Fachzeitung „pv magazine“ hat laut eigenen Angaben das Eckpunktepapier vorliegen, aus welchem zusätzlich hervorgeht, dass das EEG künftig vereinfachter und europarechtskonform gestaltet werden soll.
PV-Zubaukorridor soll auf 2.500 Megawatt begrenzt werden
Sigmar Gabriel hat als grundlegendes Ziel die Kostensenkung beim Ausbau der Erneuerbaren ausgerufen. Aktuell liegen die Einspeisetarife im Durchschnitt bei rund 17 Cent pro Kilowattstunde. Hierzu steht laut pv magazine im Eckpunktepapier: „Die Konzentration auf die kostengünstigsten Technologien, Wind Onshore und PV, bei gleichzeitiger Absenkung der Einspeisevergütungen bewirkt, dass die durchschnittliche Vergütung auf ca. 12 Cent/Kilowattstunde sinkt.“ Gabriel plane außerdem einen verbindlichen Ausbaukorridor für die einzelnen Technologien Photovoltaik, Windkraft und Biomasse. Bislang war der Zubaukorridor in der Photovoltaik zwischen 2.500 und maximal 3.500 Megawatt begrenzt. Jedes überschrittene Megawatt im Jahr wurde als „atmender Deckel“ begrenzt und war ausschlaggebend für die Einspeisetarif-Degression . Hier werden künftig die Daumenschrauben angelegt. Der ein Leistungszubau soll dann bei bis 2.500 Megawatt begrenzt werden und liegt demnach am unteren Ende des, von der Bundesregierung, ausgegebenen Ausbauziels der Erneuerbaren.
Einspeisevergütung vor Einschnitt – Direktvermarktung von Öko-Strom soll ab 2015 Pflicht werden
Diese strengen Einschnitte bei den Einspeisevergütungen sollen jedoch nicht das Ende der EEG-Reform darstellen. Das Eckpunktepapier sehe anscheinend „im Sinne einer verbesserten Integration der Erneuerbaren in den Strommarkt“ eine gleitende, verpflichtende Marktprämie vor. Ab 2015 soll die verpflichtende Direktvermarktung stufenweise eingeführt werden und für alle Neuanlagen ab einer Leistung von 500 Kilowatt gelten; ab 2016 für Neuanlagen ab 250 Kilowatt und ab 2017 für alle Neuanlagen ab einer Leistung von 100 Kilowatt. Die bestehende Managementprämie soll wegfallen und dafür in die Vergütung eingewebt werden. Ab 2017 will Sigmar Gabriel dann den drastischsten Schritt vornehmen und die Einspeisevergütungen durch Ausschreibungen ersetzen. Ein Pilotversuch bei PV-Freiflächenanlagen soll bis dahin zeigen, ob das Modell funktioniert. „Damit wird die gesamte Förderung von Freiflächen auf Ausschreibungen umgestellt“, steht hierzu im Eckpunktepapier. Laut Gabriels Plan soll der Anteil der Erneuerbaren bis zum Jahr 2025 auf 40 bis 45 Prozent; sowie bis zum Jahr 2035 auf 55 bis 60 Prozent am Stromverbrauch ansteigen.
Eigenverbrauch von Solarstrom bald EEG-Umlagepflichtig?
Das wohl am meisten auf Unmut gestoßene Vorhaben steht ebenfalls Betreibern von Photovoltaikanlagen entgegen. Demnach soll, wie bereits im Koalitionsvertrag angegeben, der Eigenverbrauch von Solarstrom EEG-Umlagepflichtig werden. Im Eckpunktepapier steht hierzu: „Zukünftig wird im Grundsatz die gesamte Eigenstromerzeugung an der EEG-Umlage beteiligt. Nicht erfasst wird der so genannte Kraftwerkseigenverbrauch“. Neuanlagen müssten eine Mindestumlage zur Grundfinanzierung des EEG beitragen, heißt es weiter. Für kleine Neunlagen soll demnach eine „Bagatellgrenze“ eingeführt werden und für bestehende Anlagen ein „Vertrauensschutz“. Hierbei wird sich Sigmar Gabriel vor allem bei den Übergangsfristen wohl am meisten Feinde schaffen. Für Windkraftanlagen will Gabriel zwar eine Übergangsregelung bis zum Jahresende schaffen, jedoch müssten die Anlagen bis zum 22. Januar (dem Tag der Vorstellung des Eckunktepapiers bei der Kabinettssitzung), immisionsschutzrechtlich genehmigt worden sein. Weitere Übergangsfristen für andere Erneuerbare-Energie-Anlagen sind nicht genannt.
Würde die EEG-Novelle bei der Sitzung am 9. April vom Kabinett beschlossen werden, soll der Bundestag Ende Juni dann die Änderungen beraten und beschließen. Eine Abstimmung der Länderkammer ist laut Eckpunktepapier auf den 11. Juli datiert und das Inkrafttreten der EEG-Novelle soll dann zum 1. August vollzogen werden. Im ZDF verteidigte Gabriel seine Reformpläne und schloss darüber hinaus einen weitere Strompreisanstieg nicht aus. Er würde jedoch nicht mehr so stark ausfallen, wie in den Jahren zuvor.
Bundesverband Solarwirtschaft sieht „Energiewende für Jedermann“ in Gefahr
In einer Pressemitteilung reagierte der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar) bereits mit Unverständnis auf die angeblichen Pläne des Energie- und Wirtschaftsministers Sigmar Gabriel. „Jetzt ist die Energiewende für Jedermann in Gefahr! Statt die Verursacher des Klimaproblems stärker zur Kasse zu bitten, sollen Solaranlagenbetreiber nun Teile der Energiewende selbst bezahlen. Dies würde die Rentabilität vieler neuer Photovoltaik-Anlagen zerstören, zahlreiche Investoren abschrecken und den Solarmarkt weiter einbrechen lassen“, warnt Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des BSW-Solar. Man sehe außerdem die gesellschaftliche Akzeptanz der Energiewende in Gefahr. Auch ein Markteinbruch sei nicht auszuschließen: „Bei einer EEG-Umlage auf Solarstrom drohen erste Angebote im Markt, mit denen Mieter direkt mit günstigem Solarstrom versorgt werden, unwirtschaftlich zu werden. Auch Gewerbetreibende, die mit Solarstrom einen Teil ihrer Energieversorgung umweltfreundlich decken wollen, würden dann von einer Investition in die eigene Photovoltaik-Anlage Abstand nehmen“, heißt es in der öffentlichen Mitteilung hierzu. „Nur wenn wir Solarstrom jetzt auch in Gewerbegebiete und Städte bringen und Geschäftsmodelle für klimafreundlichen Nahstrom ermöglichen, kann die Energiewende gelingen“, so Körnig.
UPDATE 24.01.2014: Bundeskabinett segnet EEG-Reform ab
Das Bundeskabinett hat das im Vorfeld aufgetauchte Eckpunktepapier zur EEG-Reform in vollem Umfang beschlossen. Dies teilte das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) in einer Pressemitteilung vom 23.01.2014 mit. In der Pressemitteilung sieht Sigmar Gabriel eine gute Energiepolitik nicht in der Summe der Einzelinteressen, es müsse vielmehr eine klare Marschroute vorgegeben werden. „Das Gemeinwohl muss am Ende im Mittelpunkt stehen“, unterstrich er.
Quelle: pv magazine | Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar)
Bildquelle: BSW-Solar/Upmann