Bereits kurz vor Weihnachten tauchten erste Gerüchte in den Medien auf, dass Google künftig in den Wärmemarkt einsteigen wolle. In welcher Form war jedoch völlig unklar. Die Medienwelt widmete der Gerüchteküche nur kurz ihre Aufmerksamkeit – warum sollte Google als Suchmaschinenanbieter und Software-Firma auch plötzliches Interesse an Energieeffizienz im Haushalt entwickeln? Die Übernahme von Nest, hinter dessen Design-Produkte der Designer des ursprünglichen Apple iPod und iPhone, Tony Fadell, steckt, hatte hierbei wohl keiner auf dem Zettel. Hierzulande sind das Nest Smart Learning Thermostat und der Nest Protect Rauchmelder eher unbekannte Produkte, die auf dem amerikanischen Markt hingegen reißerischen Absatz finden.
Nest-Thermostat: Heizkosten senken mit Stil
Nach der Veröffentlichung des Nest-Thermostats wurde der Begriff Smart-Home erstmalig nicht mehr in Verbindung mit relativ unansehnlichen und komplizierten Thermostatreglern in Verbindung gebracht, sondern mit optisch ansprechendem Design, das jeder gern präsent im Haus platziert haben möchte. Doch das Nest-Thermostat ist alles andere als ein reines Statusobjekt für das Heim, sondern passt sich den Gewohnheiten des Benutzers an und lernt dazu. Mit einem simplen Stellrad wird direkt die gewünschte Temperatur gewählt und nach einigen Tagen der Benutzung hat das Thermostat die persönliche “Wohlfühltemperatur” des Nutzers erlernt.
Ebenso lernt das Thermostat, wann der Bewohner das Haus verlässt und regelt dementsprechend die Temperatur automatisch herunter. Und ist man mal nach Feierabend etwas länger außer Haus, kann man das Nest-Thermostat via Smartphone-App bequem aus der Ferne kontrollieren. Auch werden Einflüsse wie Raumtemperatur und die aktuelle Außentemperatur vom Thermostat erkannt und in den Lernprozess mit eingebunden.
Das Display des Nest-Thermostat zeigt symbolisch an, ob gerade Heizenergie eingespart wird und trägt die Daten am Ende des Monats in einer Übersicht zusammen, damit der Nutzer sehen kann ob und wieviel Energie er tatsächlich eingespart hat. Nest verspricht eine Energiekosteneinsparung von bis zu 20 Prozent im Jahr – Erfahrungsberichte sprechen sogar von bis zu 25 Prozent Einsparung.
Nest Protect: wo brennt’s denn?
Jeder Haushalt sollte mit Rauchmeldern bestückt werden, denn diese können unter Umständen Leben retten. Wie wichtig Rauchmelder sind, betonte kürzlich der Malteser Hilfsdienst in einer Pressemitteilung. Denn fast jeder zehnte ausgelöste Notruf eines Rauchmelders des Kölner Hausnotruf-Service der Malteser führte schließlich zu einem Einsatz der Feuerwehr. Doch trotz der Notwendigkeit von Rauchmeldern zur eigenen Sicherheit, scheuen sich viele vor einer Installation. Der Grund: kaum brennt in der Küche der Toast an erkennt der Rauchmelder dies und sendet sofort einen ohrenbetäubenden Pfeifton aus, damit die Bewohner auch im Schlaf einen möglichen Brand mitbekommen. Sollte es sich im Endeffekt tatsächlich nur um einen angebrannten Toast handeln, muss man erstmal mühsam an die Zimmerdecke gelangen, um den Rauchmelder wieder zum Schweigen zu bringen. Das gleiche gilt, wenn die Batterie eines Rauchmelders leer ist. Das Gerät gibt dann in geregelten Abständen einen Status-Pfeifton von sich, um auf einen Batteriewechsel hinzuweisen.
Mit “Protect” will Nest den Rauchmelder und alles, was dieser falsch macht, neu erfinden. Das Gerät schützt vor Rauch- und Kohlenmonoxid-Bildung. Und während herkömmliche Rauchmelder erst bei einem bestimmten Grenzwert anfangen zu alarmieren, warnt Nest Protect schon bei leicht ansteigenden Messwerten im Raum. Hier setzt Protect nicht auf einen nervtötenden Pfeifton, sondern macht, gemäß dem eigenen Motto “Sicherheit sollte nicht nervtötend sein”, durch ein pulsierendes Licht und einer menschlichen Stimme auf sich aufmerksam. Sollte es sich dann doch lediglich um einen verbrannten Toast handeln, kann man Nest Protect durch winken unterhalb des Geräts, oder durch drücken auf den großen Knopf am Gerät auf einen Fehlalarm hinweisen.
Der Clou bei Protect: der Rauchmelder warnt nicht nur durch eine menschliche Stimme auf die Art des Problems hin, sondern auch in welchem Raum dieses auftritt. Auch beim Protect setzt Nest wieder auf ein anspruchsvolles Design und volle Smartphone-Kompatibilität. Bildet sich während der Abwesenheit Rauch oder Kohlenmonoxid in einem Zimmer, so erhält man eine Mitteilung auf seinem Smartphone inklusive Verbindungmöglichkeit zu einer hinterlegten Kontaktperson. Diese Person kann anschließend der Meldung auf den Grund gehen und mögliche Fehlalarme abschalten.
Auch macht Nest mit dem nervtötenden Batterie-Alarm Schluss, der einem den Schlaf raubt. Der Bewohner erhält hier lediglich eine Nachricht auf sein Smartphone, dass neue Batterien nötig sind.
Google wohnt jetzt bei Ihnen
Google ist bereits seit einigen Jahren im Begriff, sich nicht mehr ausschließlich für die quälenden Suchanfragen jedes Internetnutzers zu interessieren und diese für eigene Zwecke, wie persönliche zugeschnittene Werbung, zu verwenden. Google ist mittlerweile dominante Macht nebst Apple auf dem Smartphone-Markt, auf vielen Fernsehgeräten (Google TV/Chromecast/Android TV) vertreten und selbstfahrende Autos entwickelt man aktuell bekanntlich auch. Schritt für Schritt wandelt sich Google zu einem Lebensbegleiter, der darauf hinarbeitet Antworten auf Fragen parat zu haben, bevor man diese überhaupt gestellt hat.
Erst kürzlich sorgte Google nach der Übernahme von Boston Dynamics – ein Robotik-Unternehmen – für viele Fragezeichen und nun überschlägt sich die Medienwelt erneut. Keiner weiß so recht, was Google mit Robotern und dem bisherigen Nischenmarkt “Smart Home” anfangen will. Fest steht nun jedoch, dass Google – von Kritikern gern als “Datenkrake” bezeichnet – mit der Akquisition von Nest den ersten Fuß in der Tür hat.
„Energieeffizienz ist bisher nicht der wichtigste Auslöser für einen Smart Home Massenmarkt“
Auch Andreas Kühl von intelligentesheim.de zeigt sich in seinem Beitrag “Was ist an Nest so interessant für Google und für uns?” überrascht und skeptisch zugleich. Er weiß, warum der Smart Home Markt bisher kein Erfolgreicher Bereich ist und wie Google dies ändern könnte: “Irgendwie überwiegt bei mir die Begeisterung, dass auf einmal Smart-Home ein großes Thema ist und die Reduzierung des Energieverbrauchs auch noch der Antrieb dafür wird. Das hätte ich vor wenigen Tagen noch nicht für möglich gehalten. Den neuen Blog intelligentesheim.de habe ich eigentlich begonnen, da nach meinem Eindruck bisher, die Energieeffizienz nicht der wichtigste Auslöser für ein Smart-Home Massenmarkt sein wird. Aber genau dieses Thema könnte Smart-Home nun sehr attraktiv machen. Diese Chance müssen die deutschen Anbieter nun nutzen und da gibt es einige. Doch, um Smart-Home zum Erfolg zu machen, müssen die Angebote für den Markt vom Nutzer her gedacht werden, und nicht, wie bisher, nur von der technologischen Seite. Das sollten wir aus dem Deal lernen. Der Diskussion um die Daten und die Sicherheit müssen wir uns stellen, es macht aber wenig Sinn, denke ich, dadurch die ganze Technologie abzulehnen.”
Bildquelle: © Nest