Die Idee ist nicht ganz neu: Um das Stromnetz in wind- und sonnenarmen Stunden zu unterstützen, ließen sich Elektroautos entladen. Gibt es viel Ökostrom, dann ließen sich die Autobatterien als zusätzliche Speicher nutzen. Jetzt wurde erstmals ein Elektroauto formal als Kraftwerk zugelassen und kann offiziell Strom ins öffentliche Stromnetz einspeisen.
Im Durchschnitt steht ein Elektroauto mehr als 20 Stunden des Tages einfach nur herum. Diese Zeit kann besser genutzt werden. Z.B. indem das Elektromobil zum temporären Batteriespeicher wird. Die so gespeicherte Energie kann wieder ins Stromnetz („Vehicle to Grid“ – kurz V2G) bzw. in das Energiesystem des Eigenheims („Vehicle to Home“ – kurz V2H) eingespeist werden.
Technisch sind hierzu bidirektional ladefähige Batterietypen nötig. Diese gibt es mittlerweile bereist und sind auch schon praxiserprobt. Viel komplexer sind jedoch die formaljuristischen Anforderungen an ein Elektroauto, das Strom in das öffentliche Stromnetz. Daher kamen bidirektional beladbare Elektroautos auch bisher nur in gewerblichem Umfeld z. B. auf dem Firmengelände von Autoherstellern zum Einsatz.
Nissan Leaf darf als erstes E-Auto offizielle Regelleistung einspeisen
Das kann sich fortan aber ändern. Denn jetzt haben The Mobility House, ENERVIE, Nissan und Amprion einen Nissan Leaf so ausgerüstet, dass dieser offiziell als Kraftwerk anerkannt wurde. Damit ist dieser Nissan Leaf dank innovative Lade- und Energiemanagement-Technologie, das erste Elektroauto, das sich gemäß allen regulatorischen Anforderungen eines Übertragungsnetzbetreibers (ÜNB) für die Primärregelleistung qualifiziert.
„Wir glauben fest an eine emissionsfreie Zukunft“, sagt Guillaume Pelletreau, Vice President und Managing Director von Nissan Center Europe. „Daher sind wir auch sehr stolz, dass dem Nissan Leaf als erstem Elektrofahrzeug überhaupt die Eignung für die Stabilisierung der Netzfrequenz attestiert wurde. Batterien aus dem Leaf können so zur Energiewende in Deutschland und zu einer nachhaltigen Zukunft einen wichtigen Beitrag leisten.“
Bidirektional ladende Elektroautos können aber noch viel mehr: Beim oberfränkischen Energieversorgungsunternehmen Münch Energie können die Mitarbeiter ihre Elektrofahrzeuge während der Arbeitszeit aus einer PV-Anlage mit günstigem Solarstrom beladen – für umgerechnet 14 Cent pro Liter. Zuhause kann dieser Strom dann als Haushaltsstrom genutzt werden. So nutzt man günstigen Ökostrom aus dem E-Auto. Und das sogar steuerfrei!
Ist eine V2G-Nutzung eines E-Autos auch finanziell interessant?
Technisch und formal ist die Vehicle to Grid-Technologie ohne Frage marktreif. Doch ist es in der breiten, öffentlichen Anwendung wirklich wirtschaftlich, sein Elektroauto als mobilen Stromspeicher zu vermarkten? Hier ist man uneins. Einerseits legen neuere Untersuchungen sogar nahe, dass die Lebensdauer eines Elektroauto-Akkus durch die gleichmäßige Belastung stabil bleibt und in besonderen Einsatzfällen sogar verlängert werden kann.
Demgegenüber kam das Forschungsprojekt „INEES“, in dem LichtBlick Elektrofahrzeuge über seine Steuerungssoftware SchwarmDirigent in den Energiemarkt eingebunden hatte, zu dem Ergebnis, dass Elektrofahrzeuge mit hoher Sicherheit und kurzer Reaktionszeit eine Leistungsreserve für das Stromnetz bereitstellen können, die Erbringung von Regelleistung durch einen Elektrofahrzeugpool unter den Rahmenbedingungen zum Zeitpunkt des Forschungsprojektes jedoch noch nicht rentabel sei. Geplante Gesetzesänderungen, technische Weiterentwicklungen und der Wandel des Energiesystems können die Wirtschaftlichkeit in Zukunft jedoch deutlich verbessern, so das Fazit des INEES-Projekts.
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